In eigener Sache: Nominiert, aber überhaupt nicht stolz drauf

(Oder: Warum ich mir Amazon nicht ans Revers heften will)

Mein großartiger Verlag cbt hat mein Buch beim „Amazon entdeckt“-Preis eingereicht und tatsächlich für die zweite Runde eine Nominierung geerntet. Als ich davon erfahren habe, stellte sich natürlich zuerst Mal der Reflex ein, der sich bei solchen Gelegenheiten immer einstellt: Stolz.

Wow, das große Amazon und ich, der kleine Debüt-Autor – ich möchte den sehen, der sich da keine Nummer größer fühlt.
Noch bis zum 1. August könnt Ihr für mich und die „Linkslesestärke“ bei Amazon als das beste Debüt voten. Aber ich habe mich entschlossen, Euch NICHT UM EURE UNTERSTÜTZUNG ZU BITTEN. Das hat Gründe: Ich habe als Fachjournalistin viel über den E-Commerce-Riesen geschrieben, über seine Preiskämpfe mit den Verlagen, über seine umstrittene E-Book-Flatrate oder seine wahnwitzige Idee, Autoren nach gelesenen Seiten zu bezahlen. Genug also, als dass ich dann nicht doch ein bisschen recherchiert hätte, was eigentlich hinter diesem Preis steckt. Leider so spät, dass ich meine Bewerbung nicht mehr zurückziehen konnte, aber immerhin, bevor ich den Wirbel gemacht habe, den sich Amazon wohl von mir verspricht.

Denn auch der Preis „Amazon entdeckt“ zeigt sehr gut die einseitige Wirkungsrichtung vieler Aktionen des E-Commerce-Riesen. Der Award nutzt in allererster Linie wohl wem? Genau: Amazon! Und wem nicht? Genau: dem nominierten Autoren. Denn es gewinnt der, der selbst über seine eigenen Kanäle die meisten Unterstützer mobilisieren kann und bei Amazon die meisten Votes erzielt. Die Voter können ein Buchpaket mit den Büchern der Runde gewinnen – der Siegerautor erhält: Nichts.

Nein, es geht nicht mir nicht darum, dass es kein Preisgeld beim Autorenpreis gibt. Ein Preisgeld wäre gar nicht notwendig

– wenn auf der Seite von Amazon eine Öffentlichkeitsarbeit stünde, die den Wettbewerb in- und außerhalb der Amazon-Universums promotet,
– wenn in dem Wettbewerb Debüt-Autoren in nachvollziehbaren Genre-Kategorien gegeneinander antreten würden,
– wenn Amazon seine Reichweite (27,7 Millionen deutsche Kunden 2012) für die Wettbewerbe nutzen würde.

Nur – das alles gibt es meiner Recherche nach nicht. Auch sind – soweit ich das nachvollziehen kann – seit meiner Nominierung nicht deutlich mehr „Linkslesestärken“ per Amazon verkauft worden.

Zwar gibt es auf der Shop-Website auf der Bücher-Unterseite einen Link zum Wettbewerb. Wirklich finden werden das Voting aber vor allem Nutzer, die die URL kennen. Also die, die jeder Autor selbst mobilisieren konnte. Zum Thema „Amazon entdeckt“ datiert im Pressezentrum die letzte offizielle Pressemitteilung von 2013. Immerhin gab es auch 2014 eine Runde, die abgeschlossen wurde (allerdings mit einigen Unstimmigkeiten, aber dazu später). Doch davon ging nichts an die Presse. Macht man sich den Spaß und googelt nach „Amazon entdeckt“, bekommt man gerade Mal eine Handvoll von Artikeln. Das Medienecho entspricht also auch umgekehrt der sparsamen Preis-Pressearbeit von Amazon.

2014 gewann der wirklich absolut bewundernswerte Raúl Aguayo-Krauthausen mit „Dachdecker wollte ich nie werden“. Ich kann mir kein Urteil erlauben, aber ein Kommentarbeitrag im Forum behauptet, dass es am letzten Tag des Stichvotings eine seltsame Verschiebung um 10 Prozent gegeben hätte – zugunsten von Krauthausen. Auch Krauthausen selbst, den ich danach gefragt habe, kann sich das nicht erklären. So wolle er jedenfalls nicht populär werden, sagt er.

Natürlich habe ich nicht nur den Vorjahresgewinner gefragt, sondern auch Amazon selbst: Welche PR-Maßnahmen gibt’s? Was winkt dem Gewinner? Und gibt’s eine Stellungnahme zum letzten Finale? etc. Es kam: Keine Antwort. Immerhin hat sich der zuständige PR-Manager auf meinem Xing-Profil rumgetrieben. Ich kann also davon ausgehen, dass meine Anfrage bei ihm gelandet ist.

Unter diesen Voraussetzungen gibt es aber nur einen, der von diesem Voting wirklich profitiert: Amazon. Das Unternehmen erhält massenhaft Klicks von Autoren, die ihre persönliche Reichweite nutzen, um bei ihren Fans positive Stimmung für Amazon zu machen. Deswegen habe ich beschlossen: Ich werde niemanden dazu auffordern, für die „Linkslesestärke“ zu stimmen. MACHT DAS NICHT! Ich möchte mich nicht für Amazon-Werbung instrumentalisieren lassen. Trotzdem kann ich auch nicht einfach dazu schweigen, denn ich verlange von meinen Romanhelden auch, dass sie den Mund aufmachen und Haltung zeigen. Dann kann ich selbst nicht einfach das Mäntelchen des Vergessens über die Sache breiten und hoffen, es merkt schon niemand.

Deswegen möge bitte diesmal einfach meine Konkurrenz gewinnen. Der „Amazon entdeckt“-Preis jedenfalls – entschuldigt das, liebe Leute vom cbt-Verlag – ist nichts, was ich mir ans Revers heften möchte.

Anja Janotta

Eine Lesung – fast wie zuhause

Es gibt nicht viele Lesungen (außer denen im eigenen Ohrensessel vielleicht), die sich so anfühlen wie Nach-Hause-Kommen. Die in Lindenberg am vergangenen Samstag war so eine. Lag’s an dem oberobergemütlichen karierten Sessel?

Lesesessel-Lindenberg
Lag’s daran, dass fast alle Zuhörer(innen) die LINKSLESESTÄRKE schon kannten, weil sie sie zum Welttag des Buches gelesen hatten? Lag es an der ersten richtigen Mira, die ich kennenlernen durfte?
buchnetzer1

Oder an den fantastischen Zeichnungen der Erstklässler aus der Grundschule Lindenberg?
Disco-Tieren (Disco-Tieren; schreib: Diskutieren)

Lob-Bären2 (Lob-Bären; schreib: Lorbeeren)

Wahrscheinlich alles zusammen. Jedenfalls habe ich mich in in Lindenberg so sehr zuhause gefühlt, dass ich dieses nette Städtchen im Allgäu gern wiedersehen mag. Vielleicht darf ich dann ja aus dem Nachfolgeband von LINKSLESESTÄRKE vorlesen… ? Es würde mich freuen.

Lesung-Lindenberg

Eure Anja

PS: Alle neuen Reh-Busse wie immer in der Wort-Acker-dem-ih. Jetzt auch noch ein paar mehr: z.B. der Semmel-Narr, so-zieh-Aal, Schi-garnieren und Tisch-hört.